MZ-Artikel 27.09.2004

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Ex-Schüler entsetzt: "Als ob die Russen eingefallen wären..."

Arbeitskreis ehemaliger Landesschüler hatte am Samstag zur Mitgliederversammlung in Meinerzhagen eingeladen. Der wohl letzte Rundgang durch die Einrichtung


Die Bäume im Innenhof der Landesschule, teilweise von Schülern nach dem Abi gepflanzt, sind zerlegt.
MEINERZHAGEN · Der Arbeitskreis ehemaliger Landesschüler (AKEL) traf sich zu seiner Mitgliederversammlung am Samstag in Meinerzhagen. Wohl zum letzten Mal vor dem Abriss der ehemaligen Schul- und Internatsgebäude nutzten die Ehemaligen ab 15 Uhr die Gelegenheit zu einem Rundgang durch die Ex-Landesschule zur Pforte. Zur Stelle waren auch ehemalige Lehrer und Rektor Dr. Ulrich Michael Kremer mit Ehefrau. "Als ob die Russen eingefallen wären," formulierte Louis Kremer die Situation, erschüttert, wie viele andere, über den Zustand der Räumlichkeiten.

Tausend Erinnerungen wurden bei den Internatsschülern wach, mancher hielt sein ehemaliges Arbeitszimmer noch einmal im Foto fest oder wunderte sich, wie klein die "PAB" (Primanerarbeitsräume) doch waren. Einige Souvenirs wie das Schlüsselbrett vom Hebdomadariat wurden entführt. Keiner hatte etwas dagegen, denn wenn demnächst die Abrissbirne kommt, ist sowieso alles hinüber. "Lass uns noch mal in die Raucherecke gehen," wünschte sich einer der ersten Abiturienten.

"Weißt Du noch...," war einer der meist gebrauchten Sätze am Samstag. Christoph Seidel, der als Schüler noch Rektor Beenken und seinen Nachfolger im Amt, Kremer, erlebt hatte, fand das letzte intakte Bett im Schlafraum des Internatsteils. "Es war günstig, wenn man im Bett hinter der Tür schlief, da guckte der Hebdomadar (Dienst habender Lehrer für 7 Tage) beim Kontrollgang nicht so genau hin. Wenn ein Schüler ausgestiegen war (aus dem Fenster), baute er einen sogenannten "Türken" in seinem Bett. Der Lehrer sollte diese Attrappe für den Schüler halten."

Angesprochen auf das Erziehungssystem in der Landesschule äußerten sich die Ehemaligen lobend. Die Schüler lebten in weitestgehender Eigenständigkeit ohne Erzieher zusammen und organisierten ihr Leben selbstverantwortlich. Zugleich wurden die Einheit von Schule und Internat, von Leben und Lernen, dadurch gewährleistet, dass ein Lehrer für eine Woche die Internatsleitung übernahm und in Zusammenarbeit mit Eltern, Schülern und Präfekten (Schüler, die ein Jahr für ein Zimmer verantwortlich waren) das Leben im Internat regelte. Die Mischung der Altersstufen im Wohn- und Arbeitsbereich, die Aufnahme von Schülern erst ab Quarta (7. Klasse), die Beschränkung auf eine überschaubar kleine Schülerschaft, gehörten ebenfalls zur Tradition.

Was bleiben wird, wenn alles dem Erdboden gleich gemacht sein wird, sind viele Erinnerungen und das Archiv, das Christoph Illgen in Meinerzhagen führt und pflegt. Informationen finden die Ehemaligen weiterhin auch im Internet unter www.akel.de.


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