MZ-Artikel 13.10.2001

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Landesschule: "Entschieden ist zurzeit noch nichts"

Vom Bürgermeister vorgestelltes Nutzungskonzept stößt bei Ratsfraktionen generell auf Zustimmung, aber vor allem CDU und UWG sehen noch erheblichen Klärungsbedarf

Von Horst vom Hofe

MEINERZHAGEN · "Entschieden ist zurzeit noch nichts!" Darauf weisen im Zusammenhang mit der möglichen neuen Nutzung des einstigen Internatgymnasiums "Landesschule Zur Pforte" übereinstimmend Vertreter aller Meinerzhagener Ratsfraktionen hin. Neben konzeptionellen Überlegungen steht, so ergab eine Umfrage der MZ, vor allem die Frage der Finanzierung im Mittelpunkt der Überlegungen. "Angesichts der weiterhin angespannten Haushaltslage und der Tatsache, dass eine Entspannung nicht in Sicht ist, wird es nur dann etwas geben, wenn sich die Sache für die Stadt kostenneutral darstellen lässt", betont auch der Städtische Finanzbeigeordnete Burkhard Deppe.

Kämmerer fordert: Sache muss kostenneutral sein

Kostenneutral heißt nach den Worten des Kämmerers, dass über die in der Finanzplanung der Stadt eingestellten 1,8 Millionen Mark für die ohnehin geplante Erweiterung der Grundschule "Auf der Wahr" hinaus unter dem Strich keine weiteren Belastungen herauskommen. In Anrechnung gebracht werden müssten dabei zum einen die erforderlichen Kosten für den Erwerb und die vorgesehene Umnutzung der Landesschule, andererseits aber auch erhoffte Verkaufserlöse aus der dann möglichen Aufgabe des jetzigen Grundschulgebäudes "Auf der Wahr" sowie der einstigen Nordschule an der Birkeshöh. Zudem bleibe zu klären, ob erhoffte Zuschüsse des Landes tatsächlich in Anspruch genommen werden können, so Deppe gegenüber der MZ.

"Natürlich ist der Gedanke, dass die Landeskirche der Stadt Meinerzhagen ihr rund 100 000 Quadratmeter großes Gelände mit aufstehenden Schul- und Nebengebäuden sowie Sportstätten überlassen möchte, ein interessantes Angebot", stellt für die größte Ratsfraktion, die CDU, deren Sprecher Axel Oehm klar. Er verdeutlicht zugleich aber, "dass es in der CDU noch viele kritischen Fragen zu der von SPD-Bürgermeister Erhard Pierlings vorgeschlagenen Nutzung der Landesschule gibt."

Oehm listet den zu beantwortenden Fragenkatalog wie folgt auf:

"1. Wie sieht es mit der Bausubstanz der Gebäude der Landesschule tatsächlich aus?

2. Wie hoch sind die zu tätigenden Investitionen, etwa für notwendige Umbaumaßnahmen oder die Sanierung der Heizungsanlage?

3. Ist es vielleicht sinnvoll, Teile der Gebäude abzureißen und wie hoch sind hier die Kosten?"

Oehm fordert für die CDU-Ratsfraktion zur Beantwortung dieser und weiterer Fragen die Erstellung eines unabhängigen Gutachtens. Geklärt werden müsse dabei beispielsweise auch, welche Einnahmen gegengerechnet werden könnten. Und er kommt auf einen Punkt zu sprechen, den auch der Bürgermeister als "zumindest problematisch" in der jetzt angelaufenen Diskussion ausgemacht hat:

Standort für Jugendzentrum wirklich geeignet?

Gegen die Verlagerung des Jugendzentrums, das nach dem Konzept neben Musikschule, der Sonderschule für Lernbehinderte und einem Förderzentrum für Jugendliche mit Ausbildungsdefiziten in der ehemalige Landesschule untergebracht werden soll, rege sich bei Betroffenen wie auch aus den Reihen auch der Jungen Union in Meinerzhagen Widerstand. Oehm fragt: "Ist ein Standortwechsel für das Jugendzentrum tatsächlich sinnvoll oder wirkt dies dem Ziel einer ortsnahen Jugendarbeit nicht vielleicht entgegen?"

Weitere Aspekte sind laut Oehm auch diese: Welche Verkaufserlöse sind für den möglichen Verkauf von Wohnbaugrundstücken im Bereich der jetzigen Grundschule Wahr realistisch? Wie sieht es mit dem Planungsrecht dort aus? Kann tatsächlich Bauland geschaffen werden? Die beiden letzten Fragen gelten nach Auffassung der CDU im Übrigen auch für mögliche Baulandflächen im Bereich der früheren Landesschule.

Weiter wird hinterfragt, wie realistisch das Projekt eines Förderzentrums für junge Menschen mit Ausbildungsdefiziten tatsächlich ist. Oehm: "Solch ein Projekt ist vom Grundsatz her sicherlich zu begrüßen. Doch Erfahrungen aus dem Kreis Olpe zeigen, dass dort eine vergleichbare Einrichtung ums finanzielle Überleben kämpft."

Ein dickes Fragezeichen setzt die heimische Unionsfraktion auch hinter eine in Rede stehende Bezuschussung der Gesamtmaßnahme durch das Land: "Die NRW-Landesfinanzen sind bekanntlich desolat. Darf vor diesem Hintergrund realistisch mit Fördermitteln gerechnet werden?"

Schlussendlich müsse auch den Folgekosten Beachtung geschenkt werden. "Der städtische Haushalt kann zur Zeit keine zusätzlichen Belastungen tragen. Die schwache Konjunktur wird dazu führen, dass auch in Meinerzhagen die Steuereinnahmen nicht in dem noch zu Jahresbeginn geschätzten Rahmen fließen werden. Die Einnahmen im städtischen Verwaltungshaushalt werden im nächsten Jahr sicherlich um einige Millionen Mark unter den bisherigen Kalkulationen im Rahmen der Finanzplanung bleiben", zeigt Oehm auf.

Rainer Schmidt, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins und Ratsmitglied, kann dem vorgestellten Konzept generell positive Seiten abgewinnen und tritt daher dafür ein, die Angelegenheit unvoreingenommen zu prüfen. An der Frage der Unterbringung des Jugendzentrums allerdings will er eine mögliche Lösung nicht scheitern lassen. "Hier sehe ich sowohl positive wie auch einige negative Punkte, bin aber der Meinung, dass man auch mit einem Jugendzentrum an diesem Standort gut wird leben können."

Finanzielle Lage ist noch schlimmer als angenommen

"Wir machen unsere Zustimmung einzig und allein von der Frage der Kosten abhängig", äußert sich für die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) deren Fraktionsgeschäftsführer Raimo Benger. Die vom Bürgermeister vorgestellte neue Nutzung der Landesschule sei zwar durchaus interessant. "Aber angesichts der Haushaltslage, die sich noch dramatischer zuspitzt als man das bis vor kurzem annehmen musste, wird sich die Stadt zusätzliche finanzielle Lasten nicht aufbürden dürfen", macht er klar.

FDP-Ratsherr Heyno Casimir stellt sich inhaltlich voll hinter das vorgeschlagene Konzept. Gleichwohl aber ist auch für ihn die Prüfung der Finanzierbarkeit der Knackpunkt. Die Kritik an der Verlagerung des Jugendzentrums dagegen teilt der einzige liberale Ratsvertreter im Stadtparlament nicht. "Früher sind wir weite Wege durch die Stadt gegangen, um beispielsweise in der Jugendkantorei der Landesschule zu singen. Dort gibt es für eine Einrichtung wie das Jugendzentrum ungleich günstigere Rahmenbedingungen als an der jetzigen Stelle. Und auch mögliche Belästigungen durch Lärm wie am alten Standort, somit also auch Nachbarschaftskonflikte, sind auf der Birkeshöh sicherlich nicht zu befürchten," ist Casimir der Auffassung.


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