MZ-Artikel 13.11.2002

Zurück


Die entscheidende Runde ist jetzt eingeläutet

Projektskizze für eine neue Nutzung der leerstehenden Landesschule wird per Gutachten auf ihre Machbarkeit hin überprüft

Von Horst vom Hofe

MEINERZHAGEN · Die entscheidende Runde im Ringen um eine tragfähige neue Nutzungslösung für die ehemalige Evangelische Landesschule "Zur Pforte" ist eingeläutet. Wie berichtet, stellt die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) einen Zuschuss in Höhe von 84 000 Euro zur Verfügung. Damit soll im Wesentlichen eine Machbarkeitsstudie für das gemeinsam von Stadt Meinerzhagen, der Evangelischen Landeskirche und verschiedenen anderen Stellen erarbeitete Konzept finanziert werden.

In die Planungen eng mit einbezogen ist auch die Bezirksregierung mit Regierungspräsident Wolfram Kuschke an der Spitze. Der wechselt in Kürze nach Düsseldorf, wo ihn der neue NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück mit der Leitung der Staatskanzlei betrauen wird. Ob das zusätzlichen Rückenwind für das Projekt bringen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht jedenfalls, dass die Stadt Meinerzhagen aus eigener Kraft die Sache finanziell nicht wird schultern können. Nur wenn es sowohl für die notwendigen Umbau- und Einrichtungskosten und auch für den laufenden Betrieb Zuschüsse auch vom Land gibt, wird es wohl zur Realisierung kommen können. Die äußerst angespannte finanzielle Lage auch beim Land könnte hier letztlich womöglich der entscheidende Hinderungsgrund werden. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Es bleibt auch abzuwarten, zu welchen konkreten Aussagen das nun in Kürze in Auftrag gegebene Gutachten kommen wird.

Grundlage für die Prüfung ist eine Projektskizze, die unter dem Leitgedanken "Nutzung statt Abriss" steht.

Die nach Aufgabe des Internatsbetriebs im Jahre 1995 und vorübergehender Mitnutzung durch das Evangelische Gymnasium seit 1997 ungenutzte und leer stehende Landesschule soll im Zusammenwirken der Stadt Meinerzhagen und der Evangelischen Kirche von Westfalen als Eigentümerin der Immobilie einer neuen Nutzung zugeführt werden. Der Schulkomplex umfasst ein Areal von 10 Hektar und beinhaltet folgende Einrichtungen: ein dreistöckiges Schulgebäude, ein Wirtschaftsgebäude mit Großraumküche, zwei Speisesäle, eine große Agora (Versammlungshalle), Kapelle, Freizeitpavillon, vier Internatstrakte, einen Gästetrakt bestehend aus mehreren Appartements mit Krankenstation, zwei Hausmeisterwohnungen, zahlreiche Wirtschaftsräume, eine Turnhalle und einen Sportplatz. Insgesamt stehen 13 346 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung.

Angedacht ist in der Projektskizze eine künftige Nutzung als Kompetenzzentrum für die Bereiche Kinder, Jugend und Familien, Bildung und Weiterbildung, Arbeit, Soziales und Kultur (von der MZ im Detail schon vorgestellt).

Zur Begründung und Untermauerung des Konzeptes wird unter anderem folgendes ausgeführt: "Arbeitslosigkeit, soziale Grundsicherung und die Qualität schulischer Bildung und beruflicher Qualifizierung sind im Zeichen der Globalisierung und demografischen Entwicklung Deutschlands eine zentrale Herausforderung, der sich Staat und Gesellschaft mit intelligenten, zukunftsfähigen Lösungsstrategien zu stellen haben. Dazu gehören die Vernetzung von Inhalten, finanziellen und personellen Ressourcen und Organisationsstrukturen.

Das in Meinerzhagen angedachte Kompetenzzentrum trägt dieser Entwicklung Rechnung. Richtungsweisend sollen alle präventiven, betreuenden und qualifizierenden Dienstleistungen unter einem Dach vernetzt werden, die sich besonders auf Jugendliche mit geringen Arbeitsmarktchancen, Arbeitslose ohne geeignete Qualifikation, Sozialhilfeempfänger und die Integration von Behinderten beziehen. Gerade diese Personengruppen entwickeln sich zu einem gravierenden Problem für den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme und binden erhebliche Ressourcen der Kommunen. Das wird in diesem Jahr untermauert durch die Ergebnisse der Shell-Jugendstudie und die Ergebnisse der Pisa-Studie, die zu dem hier angesprochenen Personenkreis wichtige Ergebnisse liefern.

Ganz aktuell geht die Hartz-Kommission mit ihrem vorgestellten Konzept zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit auf diese Entwicklung ein und betont dabei auch die Problematik speziell von arbeitslosen Jugendlichen. Aus dem Abschnitt "Jugendliche Arbeitslose - Ausbildungszeit-Wertpapier" der Kurzfassung des Berichtes (Seite 25) geht hervor, dass schwer integrierbare Jugendliche eine intensive Betreuung durch das enge Zusammenwirken von schul-, bildungs-, arbeitsmarkt- und jugendpolitischen Trägern im Job Center erhalten sollen.

Die nunmehr seit zwei Jahren in Meinerzhagen verfolgte Idee eines "Kompetenzzentrums in den Räumen der ehemaligen Landesschule" erhält damit neuen Auftrieb und kann im Sinne eines regionalen und überregionalen Modells wertvolle Impulse zur Lösung wichtiger Zukunftsfragen beitragen."



KOMMENTAR

Den Zeitpunkt verpasst?

Von Horst vom Hofe
 

Die jüngste Steuerschätzung geht von einem noch größeren Einnahmeausfall in zweistelliger Milliarden-Höhe für die öffentlichen Haushalte aus. Zurzeit jagt förmlich eine Hiobsbotschaft die andere. Vor diesem Hintergrund ist absehbar, dass in allen Haushalten noch stärker als bisher der Rotstift angesetzt werden muss.

Das gibt nicht gerade günstige Rahmenbedingungen ab für ein Projekt, an dessen sachlicher Stichhaltigkeit ebensowenig Zweifel bestehen wie an seiner modellhaften Bedeutung über die Region hinaus.

Die in Meinerzhagen seit zwei Jahren verfolgte Idee eines "Kompetenzzentrums in den Räumen der ehemaligen Landesschule" mit geplanten Einrichtungen für die Förderung und Verbesserung der Arbeitsmarkt-Chancen für benachteiligte Personengruppen besticht. Sie hat in Wolfram Kuschke, den bisherigen Arnsberger Regierungspräsidenten und künftigen Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei einen namhaften und einflussreichen Befürworter.

84 000 Euro gibt es jetzt für eine Projektstudie, durch die wichtige Fragen wie vornehmlich auch die der Finanzierbarkeit geklärt werden sollen. Es ist freilich zu befürchten, dass am Ende dieses Prozesses die Erkenntnis stehen könnte: Wünschenswert ja, finanzierbar nein!

Wertvolle Zeit ging verloren, weil die Landeskirche als Eigentümerin der leer stehenden Immobilie mit einem imponierenden Raum- und Nutzungsangebot zu lange zauderte und zögerte. Dabei war spätestens 1995 mit der Aufgabe des Internatsbetriebs der Zeitpunkt gekommen, sich mit Hochdruck um eine neue Nutzung zu bemühen. Zu diesem Zeitpunkt aber gab es noch Vorstellungen von einer für die Kirche werthaltigen Veräußerung für einen Preis, der sich im Nachhinein schlichtweg als utopisch erwies, Die leerstehende Landesschule wurde zum Klotz am Bein, der auch ungenutzt noch erhebliche Finanzmittel für seine Unterhaltung erforderte.

Der richtige Zeitpunkt wurde offenbar verpasst. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, könnte schlussendlich das traurige Fazit heißen für ein Objekt, das mangels tragfähiger neuer Lösungen dann wohl nur noch abgerissen werden kann.


© [13.11.2002] Märkischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Verlags