MZ-Artikel 31.03.2004

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Pierlings bleibt nur der Dank

Stadtoberhaupt bekommt Anerkennung wegen Bemühungen um Ex-Landesschule

MEINERZHAGEN · Dank quer durch die Bank - das ist selten, zumal im Rat der Stadt. Oft sind die Fraktionen unterschiedlicher Meinung, nicht so am Montagabend in Sachen "ehemalige Landesschule". Die Stadt zieht ihr Engagement in Sachen Übernahme des seit 1997 leer stehenden Komplexes zurück (wir berichteten), jetzt droht der Einrichtung Auf der Freiheit der Abriss. Dennoch kamen die Bemühungen um ein künftiges Nutzungskonzept von Bürgermeister Erhard Pierlings bei CDU, SPD und UWG gut an. Gerd Wirth (SPD) bedauerte dann auch, dass die städtischen Planungen nicht zum Tragen kommen werden: "Die Kassen sind leer, es ist zurzeit sehr schwer, solche Dinge anzustoßen. Dennoch bewundere ich das große Engagement von Erhard Pierlings in dieser Sache. Er hat sehr viel Herzblut hineingesteckt. Eine endgültige Lösung für die ehemalige Landesschule sollte nicht allzu lange auf sich warten lassen. Die Kirche wird kein Interesse daran haben, das Gebäude noch lange leerstehen zu lassen."

Auch Bürgermeister-Stellvertreterin Brunhild Rosemeier (CDU) sprach dem Bürgermeister für seinen Kampf um die ehemalige Landesschule am Montag Dank aus: "Sie haben gezeigt, was man alles tun kann, wenn man etwas unbedingt erreichen will."

Obwohl das Ergebnis für ihn zu befürchten war: "Für den Einsatz gebührt Ihnen Anerkennung", befand auch Helmut Benninghaus (UWG). Er blickte indes schon weiter: "Es tut weh, wenn daraus kleine Steinchen werden". · beil

siehe Bericht 3. Lokalseite


Bericht 3. Lokalseite:
 


Das "Aus" für die ehemalige Landesschule kam in Raten und ist nun endgültig. · Foto: Beil
 

Rückzug eines Partners lässt Landesschul-Konzept scheitern

Weil Fördermittel durch die Bundesanstalt für Arbeit für eine Beschäftigungsgesellschaft nicht sichergestellt werden konnten, sagte "Inter Pares" ab. Abriss der Schule besiegelt

Von Horst vom Hofe

MEINERZHAGEN · Am Bemühen um eine neue Nutzungslösung für die ehemalige Landesschule in Meinerzhagen waren viele und auch hochrangige Persönlichkeiten beteiligt. Das führte bis in die Staatskanzlei der Landesregierung in Düsseldorf, wo es mit dem ehemaligen Arnsberger Regierungspräsidenten und jetzigen Minister Wolfram Kuschke einen besonders hochkarätigen und einflussreichen Fürsprecher gab. Doch der Kampf, den Meinerzhagens Bürgermeister Erhard Pierlings und sein Dezernent Hans-Erich Schmidt unter beispielhaftem persönlichen Einsatz engagiert führten, blieb am Ende leider erfolglos. Wie gestern berichtet, ließ sich das angedachte "vernetzte Nutzungskonzept" trotz in Aussicht gestellter beträchtlicher Landesförderung in einer Größenordnung von rund 7 Millionen Euro letztlich nicht umsetzen.

In einem Pressegespräch gaben zu den jetzt gescheiterten Gesprächen Pierlings und Schmidt im Rathaus gestern weitere Erläuterungen.

Noch bis zur letzten Woche hatte es trotz der allgemein aus finanzieller Sicht eher schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen durchaus Erfolgsaussichten gegeben. Ausschlaggebend dafür, dass das Konzept gleichwohl kippte, war dann der Rückzieher eines zunächst mit "ins Boot" geholten wichtigen Partners. Die von der Kreishandwerkerschaft gegründete Beschäftigungsgesellschaft "Inter Pares" hatte in einem Teil der Räumlichkeiten der Landesschule eine Niederlassung zur Beschäftigung von ansonsten schwer vermittelbaren Arbeitskräften einrichten wollen. Weil aber dafür eine verlässliche Förderzusage durch die Bundesagentur für Arbeit erforderlich gewesen wäre, diese momentan aber wegen der grundlegenden Strukturveränderungen nicht erreichbar war, musste man von dieser Absicht schweren Herzens Abstand nehmen.

Damit war eine von drei angedachten Säulen innerhalb des vernetzten Angebotes unter dem Projektnamen "Zentrum für Fort-, Weiterbildung und Betreuung" entfallen. Für die noch verbliebenen möglichen Partner Stadt (Unterbringung Sonderschule), Arbeiterwohlfahrt (Familienberatungsstelle) und Lebenshilfe (Anlaufstelle für Frühförderung) wären nach Darstellung von Bürgermeister Pierlings dadurch zusätzliche finanzielle Anforderungen in einer Größenordnung entstanden, die derzeit "einfach nicht darstellbar ist".

Die Vorbereitungen waren zu diesem Zeitpunkt bereits weit vorangekommen. "Wir wollten gerade in Abstimmung mit der Landes- und Bezirksregierung einen Antrag auf Bezuschussung durch Städtebaufördermittel erarbeiten", so Pierlings. Doch dann kam am vergangenen Donnerstag die Absage von "Inter Pares" und sorgte für eine völlig neue Situation. "Wir haben wirklich jede erdenklich mögliche Alternative geprüft und sind nun an einem Punkt angelangt, wo ein Schlussstrich zu ziehen ist". Der Bürgermeister lässt erkennen, dass ihn das Ergebnis angesichts des großen Engagements und der vielfältigen Unterstützung und Rückendeckung traurig stimmt. "Aber wir müssen uns der Realität stellen." Bei geschätzten Investitionskosten von rund 11 Millionen Euro sind die Stadt und ihre jetzt noch verbliebenen potenziellen Partner ohne weitere Mitstreiter überfordert. "Dieses Finanzierungsrisiko hätte angesichts der leeren Kassen niemand eingehen können."

Für die Evangelische Landeskirche, die zuletzt bereit war, die ungenutzte Immobilie für den symbolischen Preis von 1 Euro abzugeben und die sich überdies auch mit einem Betrag von 825 000 Euro quasi als Abgeltung für die dann eingesparten Abrisskosten an der Gesamtfinanzierung beteiligen wollte, bleibt jetzt nur noch der bereits vorbereitete Weg des Abbruchs. Zwar sind hier noch einige Fragen (so auch Denkmalschutzaspekte) zu klären. Aber am Ende werden wohl von dem einstigen Internatsgymnasium nur die separate Turnhalle und das Rektorats-Wohnhaus übrig bleiben. Was aus dem rund 100 000 Quadratmeter großen Grundstück wird, steht noch in den Sternen. Pierlings zeigte jedoch auf, dass zumindest mittelfristig für die Stadt eine komplette Nutzung für Wohnbauzwecke nicht in Frage komme, allenfalls eine kleinere Teilbebauung parallel zum Inselweg.

Weil nun nichts aus dem Umzug der Sonderschule wird, diese weiter am Standort "Auf der Wahr" verbleibt, sind nun im dortigen Schulzentrum Investitionen durch die Stadt erforderlich. Die Grundschule hat zusätzlichen Raumbedarf, der nun durch einen Erweiterungsbau abgedeckt werden soll. Dafür waren im Haushalt bereits rund 920 000 Euro vorsorglich eingeplant. Diese Mittel wären bei positivem Ausgang der Landesschul-Pläne ansonsten in deren Finanzierung eingebracht worden. Instandsetzungsarbeiten wird es auch im bisherigen Sonderschul-Gebäude geben. Beides soll zügig angegangen werden.



KOMMENTAR

Am Ende bleibt Bedauern

Von Horst vom Hofe
 

Meinerzhagens Bürgermeister Erhard Pierlings hat gekämpft und langen Atem bewiesen. Dafür war ihm trotz des unter dem Strich bitteren und unbefriedigenden Ausgangs seiner Bemühungen um den Erhalt der einstigen Landesschule der einmütige Dank quer durch alle Ratsfraktionen sicher. Fast hätten sich einmal mehr typische Meinerzhagener Tugenden bewährt: Beharrlichkeit, Kreativität, das Nutzen von Kontakten auf allen Ebenen und nicht zuletzt auch solidarisches Handeln von Verwaltung und Rat in Fragen grundlegender Bedeutung führten immer wieder zu überzeugenden Lösungen auch in schwierigen und manchmal heiklen Aufgabenstellungen. Das gerade endgültig auf den Weg gebrachte Projekt "Südumgehung" ist dafür nur eines von zahlreichen Beispielen. Der mögliche Erhalt einer Stadtbild prägenden Einrichtung, der 1968 in Betrieb genommenen einstigen Landesschule, rechtfertigte größte Kraftanstrengungen. Dabei war Skepsis angesichts leerer Kassen durchaus angebracht. Doch wie heißt es so schön und treffend: "Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." Trotz aller berechtigten Zweifel schien bis in die letzten Tage hinein das angedachte vernetzte Nutzungskonzept eines "Zentrums für Fort-, Weiterbildung und Betreuung" finanzierbar zu sein - weil es durch Ziehen an allen möglichen Strippen zu gelingen schien, Fördermittel in erheblicher Größenordnung beim Land loszueisen. Am Ende aber zerplatzten alle Träume - weil von anderer übergeordneter Stelle, nämlich der Bundesanstalt für Arbeit, erhoffte Zuschüsse jedenfalls zurzeit nicht abrufbar sind. Weil aber für ein Projekt in einer Größenordnung von rund 11 Millionen Euro Verlässlichkeit in punkto Finanzierung die wichtigste Voraussetzung ist, auch mit Blick auf die Folgekosten, ist damit das Scheitern aller Pläne unausweichlich geworden. Es ist wahrlich ein Jammer, dass eine im Kern noch gut erhaltene, einst mit Steuermitteln gebaute Immobilie nun dem Abbruchhammer anheim fallen muss. Das Bedauern ist allseitig, gerade und auch bei der Evangelischen Landeskirche als Eigentümerin. Auch deren Gremien hatten zuletzt erhebliches Entgegenkommen im Kampf um den Erhalt gezeigt. Doch es sollte sich leider rächen, dass ein ungleich günstigerer Zeitpunkt vor mehr als zehn Jahren verpasst worden war. 1993 scheiterten Verhandlungen zwischen Stadt und Landeskirche an Kaufpreisvorstellungen, die - wie sich erweisen sollte - jeglichen Bezug zur Realität und zum Machbaren vermissen ließen. Doch das ist Schnee von gestern, weil längst nicht mehr zu reparieren.


© [31.03.2004] Märkischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG
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