MZ-Artikel 23.09.2004

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Landesschule wird jetzt komplett abgerissen

Abbruchantrag der Landeskirche liegt vor. Beginn schon in wenigen Wochen. Auch die Turnhalle fällt. Erweiterungsbau am Bamberg für den Sportunterricht

MEINERZHAGEN · In Sachen ehemalige Landesschule wird der endgültige Schlusspunkt gesetzt. Wie Bürgermeister Erhard Pierlings am Dienstag in der Sitzung des Bau- und Vergabeausschusses mitteilte, hat die Evangelische Landeskirche als Eigentümerin der Immobilie nunmehr offiziell den Antrag auf Abbruch der Gebäude gestellt. Es sei davon auszugehen, dass mit dem Abriss bereits in wenigen Wochen begonnen werde.

Für die Anwohner des Birkeshöh-Gebietes dürften die Abbrucharbeiten einige unvermeidliche Belästigungen mit sich bringen. Diese sollen, so Pierlings, nach dem Willen der Landeskirche und des beauftragten Abbruchunternehmens jedoch so gering wie möglich gehalten werden. So soll das anfallende Beton- und Steinmaterial vor dem Abtransport auf dem Gelände der Schule in einer Brecheranlage zerkleinert werden. "Die Kapelle wird zuletzt abgerissen und dient während der Arbeiten sozusagen als Schallschutz", erläuterte Pierlings.

Neu ist, dass nicht nur das komplette Schul- und Internatsgebäude abgerissen wird. Auch die Turnhalle soll weichen. Bislang war man davon ausgegangen, dass diese weiter für den Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen sollte. "Jüngste Untersuchungen der Bausubstanz haben jedoch erhebliche bauliche Mängel an den Tag gebracht", so der Bürgermeister. "Eine Übernahme durch die Stadt würde angesichts des hohen Reparaturbedarfs nicht sinnvoll sein". Weil aber das Gymnasium für seinen Schulsport auf zusätzliche Räumlichkeiten angewiesen sei, müsse nun in Abstimmung mit der Landeskirche die seit längerem geplante Erweiterung der Turnhalle auf dem Bamberg zügig voran getrieben werden, kündigte Pierlings an.

Dass hier akuter Handlungsbedarf besteht, verdeutlichte auf Nachfrage der MZ gestern auch Heinz-Hermann Haar, der Rektor des Evangelischen Gymnasiums. Die vorhandene Turnhalle sei nur auf eine 2,5-Zügigkeit der Schule ausgelegt. Tatsächlich gebe es aber vier Züge (je Jahrgangsstufe vier Klassen). Weil der Sportunterricht allein mit der Turnhalle am Bamberg abzudecken sei, müsse daher schnellstens Ersatz für die Landesschul-Einrichtung geschaffen werden, so Haar. In der Planung sei eine einfache Spielhalle als Erweiterung der bestehenden Turnhalle am Bamberg.

Von dem einstmals stolzen Areal des 1968 in Betrieb genommenen altsprachchlichen Internatsgymnasiums "Landesschule Zur Pforte" wird lediglich das Rektorats-Wohnhaus erhalten bleiben. Die Landeskirche will es veräußern. Noch keine konkreten Pläne gibt es für die künftige Verwendung der entstehenden großen Freifläche auf dem einstigen Schulgelände.

Damit wird nun das letzte Kapitel in der durchaus bemerkenswerten Geschichte von Schulpforta geschrieben. 1997 wurde der Internatsbetrieb eingestellt. Bis 1999 wurden die Räume dann noch vom Gymnasium mit genutzt, ehe endgültig die Lichter ausgingen. Die danach ungenutzte Schule verfiel mehr und mehr. Zuletzt war sie Objekt von Zerstörungswut und Vandalismus. Erst vor kurzem brannte es in dem Gebäude.

Alle Bemühungen um eine neue Nutzung des mit einem Investitionsaufwand von rund 10 Millionen DM gebauten Schulgebäudes waren letztlich an der fehlenden Finanzgrundlage gescheitert. Der vorletzte Akt war dann das im Juli auf Grund einer privaten Initiative eines ehemaligen Schülers vom Westfälischen Landesamt für Denkmalpflege abgeschlossene Unterschutzstellungs-Verfahren als Baudenkmal.

Zwar erfolgte die Eintragung der Landesschule in die Liste der Baudenkmäler. Doch weil es für deren Erhalt keine wirtschaftliche Basis gibt, willigte auch die obere Denkmalbehörde in den Abriss ein. Dieser wird nun in Kürze erfolgen. Ein Stück deutscher Schulgeschichte in der Nachkriegszeit verschwindet somit endgültig vom Erdboden. Die Tradition der einstigen Fürstenschulen in Mitteldeutschland, die in Meinerzhagen ihre Fortführung fand, bleibt dennoch erhalten: am ehemaligen Ursprungsort bei Naumburg an der Saale. · -fe


© [23.09.2004] Märkischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG
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